Aus der Zusammenarbeit zwischen Fujifilm und Nikon entstand Mitte der 1990er-Jahre eine der ersten professionellen digitalen Spiegelreflexkamera-Serien. Die Nikon E2/E3-Serie bzw. die völlig baugleiche Fujix DS-500-Serie waren zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung Stand der Technik und mit einem Preis von umgerechnet € 11.000,-- (Fujix DS-515A im Jahr 1997) für die breite Masse der Anwender schlicht unerschwinglich. Das ist auch der Grund, warum sowohl Fujifilm als auch Nikon von diesen Kameratypen nur relativ geringe Stückzahlen verkauft hat. Heute, mehr als ein Jahrzehnt nach der Markteinführung, sind kaum noch gebrauchte Geräte in einem brauchbaren Zustand zu bekommen und die Nikon E2/E3/Fujix-DS-500-Serie gehört mittlerweile zu den musealen Raritäten im Bereich Digitalkameras.
Durch Zufall habe ich eine äußerlich fast ungebrauchte aber nicht mehr funktionsfähige Fujix DS-515A günstig ergattert. Zur Kamera gab es noch ein originales Ladegerät und einen gebrauchten NiCd-Akku. Die Inbetriebnahme eines solchen Oldtimers hat sich schwieriger gestaltet, als ich zuerst erwartet habe. Der Akku war praktisch tot und auch mit der Refresh-Funktion des Originalladegerätes war keine befriedigende Stromversorgung zu realisieren. Im voll geladenen Zustand war nach etwa 10 Aufnahmen Schluß und mit schöner Regelmäßigkeit hat die Anzeige für den leeren Akku geblinkt. Bei den ersten Tests war auch die Bildqualität nicht in Ordnung, weil der Aufnahmesensor Streifen im Bild aufgezeichnet hat. Ein Problem, welches mit einer brauchbaren Stromversorgung verschwunden ist und mit dem „aufgefrischten“ Akkupack komplett beseitigt wurde.
Zurück zur Stromversorgung: Neue Akkus sind nur mehr als Werksbestellung mit Lieferzeiten von mehreren Monaten zu bekommen, außerdem überschreitet der Preis des Akkus den Wert der kompletten Kamera. An diesem Punkt gab es die Überlegung, ob man den Akkupack einfach aufschneiden sollte um die vorhandenen Zellen wenn möglich durch gleichwertige Neuware zu ersetzen. Eine weitere Möglichkeit wäre gewesen, das Gehäuse des Akkupacks als Adapter für einen externen Akkusatz bestehend aus sechs Stück NiCd-Zellen zu verwenden. Die letzte Variante ist allerdings wenig elegant und würde den Gesamteindruck schlicht und einfach verderben. Die Lösung des Akkuproblems war schließlich preiswerter als gedacht, denn von einem befreundeten Techniker gab es den Rat den Akku einer Tiefentladung zu unterziehen und danach einen Ladezyklus mit einem Labornetzgerät mit etwa 1,2 bis 1,5 Ampere Leistungsabgabe durchzuführen. Dadurch würde der bei NiCD-Akkus bekannte Memoryeffekt verschwinden und der Akkupack zumindest für den „Museumsbetrieb“ ausreichende Kapazitäten liefern.
Fujifilm Fujix DS-515A
Digitale Spiegelreflexkamera der ersten Generation
Mit einer Projektorlampe 12Volt/150Watt und einer 3-Watt-Glühbirne aus meinem Auto habe ich dann die Tiefentladung durchgeführt. Beim ersten Versuch war nach etwa einer Minute der Akku leer. Nach der ersten Ladung mit dem Labornetzgerät war der Akkupack schon ein wenig besser in Schuß. Die Projektorlampe hat dann schon etwa 5 Minuten gebraucht bis es finster wurde. Während der zweiten Entladephase habe ich bereits auf die Temperatur des Akkupacks achten müssen, denn die Projektorlampe zieht eine enorme Leistung aus dem Akku was naturgemäß zur starken Erwärmung geführt hat. Die Entladung mußte sogar mehrmals unterbrochen werden, weil der Akkupack extrem heiß geworden ist. Nach dem dritten Tiefentladezyklus hat sich der Akkupack so weit erholt, daß er wieder für die Stromversorgung der Kamera zu verwenden gewesen ist. Optimal ist diese Lösung nicht, denn es ist ungewiß, wie lange der regenerierte Akkupack durchhalten wird. Derzeit versorgt er die Kamera für etwa 100 Aufnahmen im JPEG-Modus mit Energie. Damit würde er etwa 2/3 der ursprünglichen Kapazität erreichen.
Nachdem die erste Hürde mit der Stromversorgung nach einiger Bastelei umgangen worden war, kam schon das nächste Problem. Um mit einer E2/E3/DS-500-Kamera fotografieren zu können, muß man im Besitz einer passenden Speicherkarte sein. Dabei genügt es nicht eine CompactFlash-Karte in einem PC-Card-Adapter zu schieben. Das wäre schlicht und einfach zu simpel für eine Kamera aus den 1990er-Jahren. Man benötigt eine Flash-ATA-Card Typ I oder Typ II im PCMCIA-Format. Diesen Kartentyp hat es in fünf Größen mit Kapazitäten von 2, 5, 10, 15 und 40 MB gegeben. Übrigens wurden diese Karten auch in verschiedenen anderen Digitalkameras bis etwa 1997/98 eingesetzt. Der Preis für die 40MB PCMCIA-Speicherkarte lag bei etwa € 1.050,--, die Speicherkarte mit 15MB Kapazität hat immer noch € 640,-- gekostet. Fujifilm hat bis zum Jahr 1999 auch noch einen Kartenleser CR-500 mit SCSI-Schnittstelle für € 620,-- im Angebot gehabt. Damit konnte man die Speicherkarten auslesen, vorausgesetzt man hatte eine SCSI-Schnittstelle im PC eingebaut. Nachdem ich schon eine ganze Menge musealer Digitalkamerarelikte besitze, war die Speicherkarte keine große Herausforderung, denn ich besitze alle Kapazitäten, ausgenommen die 40MB-Version. Auf eine 15MB-Speicherkarte passen 21 Fotos im JPEG-FINE-Modus (á 640 kB) oder 5 unkomprimierte Fotos im TIFF-YC-Format. Die müssen dann mit der
Fujifilm SD-D5 Software
in ein herkömmliches Grafikformat umgewandelt werden.
Um die ersten Fotos machen zu können, hat nur noch das Objektiv gefehlt. Das war keine Schwierigkeit, schließlich sind die E2/E3/DS-500-Kameras was das Kameragehäuse betrifft, echte Nikons und lassen sich mit fast allen AF-Nikkoren bestücken. Für den Anfang habe ich ein AF-D Nikkor 50mm/1,4 verwendet, später ein Tamron XR-Di 28-75mm/2,8 und noch einige andere Objektive. Wer sich für die technischen Daten interessiert, findet diese im englischen Kameraprospekt, welches man
hier
herunterladen kann. Kurz zusammengefaßt ist die E2/E3/DS-500-Kameraserie eine eigenständige Entwicklung und basiert auf was die Hardware betrifft
nur bedingt auf einem anderen Nikon-Kameragehäuse, nämlich der Nikon F4. Die Kamera ist eine echte Spiegelreflexkamera und hat, obwohl der Aufnahmesensor kleiner als ein Kleinbildnegativ ist, keine Brennweitenverlängerung. Das kommt daher, weil zwischen dem Verschluß und dem Aufnahmesensor ein Kondensorsystem eingebaut ist, welches die Objektivbrennweite an den kleineren CCD-Sensor anpaßt. Das ist übrigens auch der Grund für das „ziegelförmige“ Design der Kamera. Obwohl alle Kameras dieser Baureihen groß und mit einem Kampfgewicht von knapp unter 2 Kilogramm sehr schwer sind, liegen sie aber ganz gut in Hand und man schafft auch noch 1/30 Sekunde aus der Hand, wenn man sich etwas konzentriert.
Die Bedienung ist für die Anwender von Nikon-Kameras vertraut,
denn die Kameratechnik ist weitgehend von der Nikon F4 übernommen worden. Das gilt für das Bedienkonzept und für die Ausstattung der Kamera. Zur Belichtungssteuerung stehen Zeit- und Blendenautomatik, eine Programmautomatik und eine vollständig manuelle Bedienung zur Auswahl. Das kennt man ebenfalls von der Nikon F4, genauso wie die Möglichkeit die Meßcharakteristik der Belichtungsmessung zwischen Matrixmessung, mittenbetonter Integralmessung und Spotmessung umschalten zu können. Auch was die Blitztechnik angeht harmoniert die E2/E3/DS-500-Serie perfekt mit dem Nikon SB-24, dem Systemblitz zur Nikon F4. Ungewohnt ist die relativ hohe Standardempfindlichkeit von ISO 800. Bei Tageslicht zeigt die Programmautomatik permanent Blende 16 bis 32 bei Verschlußzeiten zwischen 1/500 und 1/2000 Sekunde. Die Lichtempfindlichkeit kann übrigens mit einem Tastendruck auch auf HIGH umgestellt werden, dann steht eine nominale Empfindlichkeit von ISO 3200 zur Verfügung. Sehr angenehm ist auch der High-Eyepoint-Sucher, der seiner Zeit weit voraus gewesen ist und den sehr viele jüngere und modernere digitale Spiegelreflexkameras gut gebrauchen könnten. Die Bildqualität ist für eine Kamera mit einer Auflösung von 1,3 Megapixel (ergibt 1.280x1000 Pixel) erstaunlich gut, vor allem wenn man bedenkt, daß die Technologie dieser Kamera fast eineinhalb Jahrzehnte alt ist. Verglichen mit aktuellen Modellen ist die Auflösung gering und die Dynamik des CCD-Aufnahmesensors eher schwach. Vor allem in den Lichtern kommt es immer wieder zu hellen Flecken, die keinerlei Zeichnung haben. Recht tapfer hält sich meine DS-515A aber in der Einstellung HIGH-ISO bei ISO 3200. Mit Available-Light-Situationen kommt die Fujix DS-515A sehr gut zurecht und zeichnet sich durch ein geringes Bildrauschen aus. Sehr brauchbar ist der Weißabgleich, der bei meiner DS-515A in der Automatikeinstellung sehr treffsicher funktioniert und gegebenenfalls durch sechs individuelle, vorgegebene Einstellungen an die Aufnahmesituation angepaßt werden kann. Offiziell gibt es übrigens keine Unterschiede zwischen der Nikon E2s und der Fujifilm Fujix DS-515A. Es haben aber Gerüchte die Runde gemacht, daß die Firmware der Fujix DS-515A mit geringfügig anderen Lookup-Tables für die Farbprofile und den Weißabgleich gefüttert wurde um eine optimale Farbabstimmung mit der ersten digitalen Minilab-Generation von Fujifilm zu erreichen. Das würde auch erklären, warum die DS-515A eine sehr exakte Farbwiedergabe besitzt. Nachdem ich aber keine Möglichkeit habe die Kamera mit einer Nikon E2s zu vergleichen und auch bei Recherchen im Internet keine Bestätigung für diese Gerüchte gefunden habe, gehe ich davon aus, daß auch die Farbwiedergabe beim Nikon Modell gleich oder sehr ähnlich sein wird.
Fazit: Insgesamt war es ein interessanter und gelungener Versuch einen Kameraoldtimer wieder zum Leben zu erwecken. Auch die Testaufnahmen waren eine interessante Erfahrung, weil ich immer wieder an meine längst verkaufte Nikon F4s erinnert worden bin. Die von mir reaktivierte Fujix DS-515A ist technisch wieder völlig in Ordnung und hat das Ende ihrer Lebensdauer noch lange nicht erreicht. Trotzdem muß gesagt werden, daß eine E2/E3/DS-500-Digitalkamera ihre besten Zeiten schon lange hinter sich hat. Die Kameras sind, was den Aufnahmesensor und die Bildwandelelektronik angeht, technisch völlig überholt und erreichen nicht einmal das Niveau einer Fujix DS-300 und schon gar nicht das Niveau einer Fujifilm FinePix S1Pro. Mit einer digitalen Spiegelreflexkamera der aktuellen Generation braucht man sie gar nicht zu vergleichen. Die E2/E3/DS-500-Kameras sind für ernsthafte Fotografie nicht mehr brauchbar, verdienen aber einen Platz im Museum. So wird es übrigens auch meiner Fujix DS-515A ergehen, denn sie wird demnächst in die Vitrine neben einige andere Digitalkamera-Oldtimer wandern.
Tipps & Tricks zur Fujix DS-515A:
Blitzlicht: Aufnahmen mit Blitzlicht sollten zur Vermeidung von ausgefressenen Spitzlichtern um ½ bis 2/3 Blenden knapper belichtet werden.
Energieverbrauch: Als wahre Stromfresser haben sich bei meiner Fujix DS-515A der Autofokusantrieb und der TV-Ausgang erwiesen. Den Stromverbrauch im Aufnahmebetrieb kann man durch den Einzel-Autofokus (Position „S“ am Wahlschalter neben dem Objektiv) gegenüber dem kontinuierlichen Autofokus (Position „C“) deutlich reduzieren. Wird die Kamera mit einem TV-Gerät zur Bildbetrachtung eingesetzt muß man mit dem enormen Stromverbrauch leben.
Fehlermeldungen und Probleme mit der Bildqualität: Haben bei meiner Fujix DS-515A mit einem erschöpften Akkupack zu tun gehabt. Vor der Regenerierung wurden sehr oft Streifen und Linien im Bild aufgezeichnet und es erschien ab und zu die Fehlermeldung „err“ ohne ersichtlichen Grund. Nachdem der Akkupack tiefentladen und regeneriert wurde ist die Ladezustandsüberwachung beim originalen Ladegerät nicht mehr exakt und der Ladevorgang wird schon nach etwa 20 Minuten beendet. Den Akkupack lade ich jetzt über ein Labornetzgerät.
Obwohl der
CCD-Aufnahmesensor kleiner als ein 24x36 Negativ ist, gibt es keine
Verlängerung der Objektivbrennweite. Zwischen dem Verschluß und dem
Aufnahmesensor ist ein Kondensorsystem integriert, welches das Bildfeld an den
CCD-Sensor anpaßt.
Professionelle
Digitalkameratechnik aus den 1990er-Jahren: Die Fujix DS-515A.
Ausschnitt aus dem
Prospektcover
Für eine mehr als 10
Jahre alte Digitalkamera ist die Farbwiedergabe sehr gut. Auch die kritischen
Grüntöne werden gut getroffen und haben eine gute Abstufung.
Bei
Tageslichtaufnahmen sollten zu kontrastreiche Motive vermieden werden. Der
automatische Weißabgleich liefert dagegen fast immer gute Resultate.
Schnappschuß mit ISO
3200 während eines heftigen Gewitters. Für Reportageinsätze reicht die
Bildqualität aus.