Wien - Gasometer
Wien ist anders! Dieser Werbeslogan aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist keine Erfindung, allerdings sollte man sich abseits der Heurigen/Weltstadt/Tor-zu-Osteuropa Klischees umsehen. Während auf der einen Seite städteplanerisch alles getan wird um Wien mit Hochhausbauten ein "modernes" Gesicht zu geben und dabei oft vergisst, dass die hingeklotzten Bauten auch in jeder anderen x-beliebigen Großstadt zu finden sein könnten, gibt es andererseits noch immer Gegenden die den Charme behalten haben, für den Wien früher bekannt war.

Nimmt man die U-Bahn-Linie U3 und fährt man von der Station Stephansplatz sieben Stationen in Richtung Simmering gelangt man zu den Gasometern. Vor einigen Jahren wurden die 1896/97 errichteten und heute denkmalgeschützten Gasbehälter des ehemals größten europäischen Gaswerkes revitalisiert und in Wohnungen, ein Shoppingcenter, Restaurants sowie ein Veranstaltungszentrum umgebaut.


Die Gegend rund um die Gasometer wird kaum beschrieben. Es gibt auch keine besonderen Sehenswürdigkeiten, allerdings kann man gerade noch erahnen, wie die Wiener Vorstädte früher ausgesehen haben. Nur knappe fünf Kilometer Luftlinie vom Stephansplatz entfernt hat sich zwischen dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes St. Marx, der Zippererstraße, dem Gelände der Wienenergie GmbH. und den Gasometern ein Stück Wiener Vorstadt erhalten, welches zwar schon bessere Zeiten gesehen haben mag, dessen Reiz allerdings darin liegt noch nicht stadtentwickelt geworden zu sein. Eine Mischung aus kleinen Gärtnereien, Stallungen der Fiaker und kleinen Gewerbebetrieben macht den Reiz der Gegend aus. Umrandet wird das Areal von Gemeindebauten aus den dreißiger und sechziger Jahren des 20. Jahrunderts und beherrscht wird es von den Gasometern, die man fast immer sehen kann. Alles ist echt auch wenn es nicht chromblitzend weltstädtisch aussieht und es geht beschaulich und ruhig zu, denn die Gegend wird sehr gerne von Spaziergängern - mit und ohne Hund - aufgesucht weil es kaum Durchzugsverkehr und genügend Grünbereiche gibt.

Das alles wird nicht so bleiben, denn die Gegend befindet sich in einem radikalen Umbruch. Drei Hochhaustürme werden die Gasometer weit überragen und auch die derzeit im Bau befindlichen anderen Gebäude sind teilweise höher als die ehemaligen Gasbehälter. Die kleinen Häuser und Betriebe werden verschwinden und Großbauten Platz machen. Großstadt und Investoren halten hier Einzug und bald sind die Bilder dieser Seite nur mehr eine Erinnerung.
Aufgenommen mit Leica M6, Voigtländer Superwide Heliar 15mm und Leica Summicron 50mm/2,0 auf Fujifilm Neopan 400 Professional

Ergänzung Herbst 2024: Die auf dieser Seite gezeigten Bilder sind gut zwanzig Jahre alt und haben nur mehr historischen Charakter. Die Gegend um die Gasometer wurde total verändert und ist nicht mehr wieder zu erkennen. Ob sie schöner geworden ist? Schwer zu sagen, denn Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Gemäß diesem Motto fahren Sie trotzdem zur U3-Station Gasometer und schauen Sie sich dort um. Gut möglich, dass Ihnen die vielen Hochhäuser mit dazwischen liegenden Brachflächen und Gewerbebauten gefallen. Die Brachen werden schon bald verschwinden und einer wie bisher konzeptlosen Verbauung weichen und genau das ist es, was mich stört. Man hätte aus dieser Gegend wesentlich mehr machen können. Leider ist es in Wien derzeit üblich, auch wenn es gar nicht opportun ist, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Hochhausbauten als Mittel einer fragwürdigen Stadtentwicklung zu setzen.

Dezember 2004, überarbeitet im Juni 2021 und ergänzt im September 2024

 

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