Im Jahr 1982 wurde das Ai-System zu AiS (Aperture indexing Shutter [Priority]) erweitert. Notwendig wurde das, weil mit der 1983 vorgestellten Nikon FA erstmals bei Nikon eine Kamera die Steuerung der Blende im Objektiv übernimmt. Die bis dahin in den Objektiven verwendeten Blendenmechaniken waren für eine lineare Steuerung der Objektivblende durch die Kamera nicht ausgelegt. Die mechanischen Abstände von einer Blendenstufe zur nächsten sind bei den non-Ai und Ai-Objektiven recht unterschiedlich ausgefallen. Für eine AiS-Kamera
wurden aber gleichmäßige mechanische Schrittweiten notwendig, die überdies bei jedem Objektiv gleich zu sein hatten. Das ist die wesentliche Änderung von Ai zu AiS, welche man dem Objektiv gar nicht ansieht, weil es sich um eine mechanische Angelegenheit im Inneren handelt.
Ein AiS-Objektiv besitzt aber auch ein paar äußerliche Kleinigkeiten, an denen man es identifizieren kann. Die kleinste Blende, meist f22 oder f32 ist bei beiden Skalen am Blendenring orange eingefärbt und am Bajonett des Objektivs ist neben der Kerbe für die Objektivverriegelung eine kleine Vertiefung eingefräst. Gegenüber im Objektivanschluss der Kamera befindet sich ein Stift, der über einen Schalter der Kamera mitteilt, ob das angesetzte Objektiv die Kerbe hat und ein AiS-Typ ist oder nicht: Stift gedrückt bedeutet Ai-Objektiv, Stift nicht gedrückt bedeutet AiS-Objektiv.
Ein weiterer Schalter an einer AiS-Nikon überprüft, ob die Blendenmechanik auf die kleinste Blende (also die mit der größten Zahl) eingestellt ist. So viel mir bekannt ist, ist der Schalter ein Teil der Blendensteuerung in den Betriebsarten [P] und [S]. Gibt es mit einem Objektiv Probleme oder ist eine abweichende Blende am Objektiv eingestellt, blinkt die bekannte Warnung FEE im Sucherdisplay.
Ein AiS-Nikkor ab 135mm Brennweite hat neben der hinteren Linse einen zusätzlichen Steuernocken, welcher
der Kamera mitteilt, dass ein Teleobjektiv angesetzt ist. In der Kamera
befindet sich etwa bei der Vier-Uhr-Position ein Schalter, der wenn er betätigt wird, kürzere Belichtungszeiten
einstellt, sowie eventuell die Umschaltung auf die Kurzzeit-Programmautomatik
aktiviert. Wird der Schalter nicht gedrückt bedeutet das die übliche Programmautomatik ohne Präferenz für kurze Zeiten.
Die Nikon F301 ist die einzige AiS-Kamera, welche aus diesem Schema
herausfällt. Bei ihr kann mit jedem Objektiv die Kurzzeit-Programmautomatik
über das Drehrad für die Belichtungszeiten eingestellt werden. Wählt man
P-Hi wird die Blende um eine Stufe geöffnet und die Belichtungszeit um eine
Stufe verkürzt.
Die AiS-Technologie ist genial, weil sie rein mechanisch funktioniert und rückwärtskompatibel bis zur ersten Nikon-Kamera mit F-Bajonett bleibt, auch wenn man dort die Funktionen nicht nutzen kann. Gleichzeitig markiert die AiS-Technologie den Endpunkt von Entwicklungen bei den manuell zu fokussierenden Nikkor-Objektiven. Mit der Nikon F-501 und den AF-Nikkoren wurde AiS zwar weitergeführt, neue Funktionen und Datenübertragung zwischen Kamera und Objektiv aber konsequent auf elektronische Übertragung umgestellt. So gibt es von Nikon nur drei Kameras, welche echte AiS-Modelle sind: die Nikon FA und die beiden Schwestern F-301 und F-501.
Ein Sonderfall ist die Nikon FG, die keine AiS-Kamera ist, obwohl sie für die Programmautomatik die Blende steuern muss. Ungenauigkeiten bei der Blendensteuerung werden durch eine stufenlos gebildete Belichtungszeit ausgeglichen. Auch das funktioniert ziemlich simpel. In der Betriebsart Programmautomatik wird bei einer ersten Messung eine Zeit-Blenden-Kombination gebildet. Drückt man den Auslöser ganz durch, schließt sich die Blende und die Kameraelektronik mißt ein zweites Mal die Belichtung unmittelbar bevor der Verschluß öffnet. Hat sich die Blende gegenüber dem zuerst gemessenen Wert zu viel oder zu wenig geschlossen, werden diese Abweichungen durch die Korrektur der Belichtungszeit ausgeglichen. Dazu ist der Mikroprozessor in der Nikon FG ausreichend schnell und leistungsfähig. Für alle, die das nicht glauben, habe ich nachgesehen: Die FA, die F-301 und die F-501 haben den AiS-Schalter am kameraseitigen Bajonett, bei der FG ist er nicht vorhanden.
Und jetzt drei Antworten auf drei noch gar nicht gestellte Fragen: Die Nikon F4 ist keine echte AiS-Kamera, weil sie zwar die mechanischen Schalter für AiS-Nikkore besitzt und mit diesen Spot-
oder Matrixmessung möglich ist, die Kamera kann aber zur Nutzung von Programm- und Blendenautomatik die notwendigen Parameter nicht mechanisch erfassen und braucht dazu Objektive mit einer sogenannten CPU.
Ähnlich verhält sich auch die Nikon F-601M. Sie besitzt weder den AiS-Stift im Kamerabajonett noch die Abtastung für die Objektivbrennweite. Die Blenden- und Programmautomatik kann nur in Verbindung mit einem AF- oder AF-D-Nikkor und dessen CPU aktiviert werden.
Wie schon erwähnt konnten Non-Ai-Objektive mittels Ai-Conversion-Kits
aufgerüstet werden. Die ungefähr 70 Umbausätze gehören überwiegend zu
Nikkor-Objektiven der Baujahre 1967 bis 1977, sie werden schon lange nicht
mehr produziert und sind nur mehr als Reststücke zu finden. Meines Wissens
nach gab oder gibt es keine Möglichkeit non-Ai- oder Ai-Objektive auf den
AiS-Standard aufzurüsten. Einen Mangel an AiS-Objektiven gibt es aber nicht,
denn AiS hat in den AF- und AF-D-Nikkoren weitergelebt. Wer in den Repair
Manuals der ersten Generation von AF-Nikkor-Objektiven nachschaut, erkennt, dass
sie durch ihren mechanischen Aufbau auch vollwertige AiS-Objektive sind. Sie haben aber eine Elektronik eingebaut und damit die Möglichkeit viel mehr Informationen mit einer Nikon-AF-Kamera auszutauschen, als das mit AiS möglich wäre. Aber das ist schon eine andere Geschichte.