Polaroid 103 Sofortbildkamera
Meine Beschäftigung mit einem Sofortbildsystem verdanke ich dem Umstand, dass ich eine größere Menge abgelaufener Sofortbildfilme geschenkt bekommen habe, zu denen ich sogar die  passende Sofortbildkamera besitze. Die hier vorgestellte Polaroid Automatic 103 wurde zwischen 1965 und 1967 gebaut und war das dritte Modell der sogenannten Polaroid-100-Serie. Mit  einem Preis von etwa 90 US-Dollar war die Kamera keineswegs ein Billigmodell. Legt man den Umrechnungskurs von 1965 zugrunde hat die Kamera damals um die 200 Euro gekostet. Zum  Vergleich: ein Facharbeiter hat damals etwa 400 Euro im Monat verdient. Filmpreise konnte ich keine ausfindig machen, gemessen am Preis der Kamera war sicher auch das  Verbrauchsmaterial eher nur für Besserverdiener erschwinglich. Heute ist eine brauchbare Polaroid 103 um etwa 15 bis 20 Euro zu bekommen, für ein bestens erhaltenes Exemplar samt  Deckel, dem originalen Cold-Clip #193 und einer kompletten Bedienungsanleitung kann man maximal etwa 40 Euro ausgeben.

Hinweis November 2020: Fujifilm hat die Produktion von Sofortbildmaterial für die Trennbildkameras von Polaroid im Jahr 2016 eingestellt. Ende des Jahres 2020 gibt es mit dem ONE INSTANT des Herstellers SUPERSENSE wieder neues Instant-Filmmaterial für Farbaufnahmen ähnlich dem Fujifilm FP-100C. Die ONE INSTANT Filme sind Manufakturware mit einem entsprechenden Preis aber momentan die einzige Möglichkeit die alten Packfilm-Kameras mit frischem Filmmaterial vernünftig zu nutzen. Genaue Informationen gibt es auf der Homepage von SUPERSENSE.

 

 

 

Mai 2010 / November 2020 / Jänner 2023

zurück zur Startseite

 

 


Die Kamera:

Besonderes Merkmal dieser Kamera ist der klappbare Sucher. Er verfügt über Parallaxenkorrektur, einen Mischbild-Entfernungsmesser und ist mit der Entfernungseinstellung des  Objektivs gekoppelt. Das Objektiv der Polaroid 103 hat eine Lichtstärke von 1:8,8, eine Brennweite von 114mm und besteht aus drei Glaslinsen. Ich konnte leider nicht feststellen, ob  die Linsen zumindest einschichtvergütet sind, zwar scheinen sie aus relativ hochwertigem Glas zu sein, die erzielbare Bildqualität deutet aber eher auf einfaches optisches Glas ohne  Vergütung hin. Die Kamera war für Farbfilme mit 100ASA sowie S/W-Filmmaterial mit 3000ASA ausgelegt, mit einem Umschalter an der Oberseite des Objektivs gibt man der Kamera  Information über das verwendete Filmmaterial vor. Ein Verschluss mit einem großen Zeitenbereich von 10 Sekunden bis zu 1/1200 Sekunde ist für alle Lichtverhältnisse und die beiden  doch recht unterschiedlichen Filmmaterialien geeignet. Eine Belichtungsautomatik sorgt für eine korrekte Belichtung, manuell kann man die Belichtung auf knapper oder reichlicher  einstellen (z.B. für Gegenlichtaufnahmen). Die erreichbare Bildqualität des Objektivs ist mit einwandfreiem Filmmaterial nicht schlecht. Auch wenn man exakt scharf einstellt ist die  Optik immer auf der weichen Seite und ein klein wenig kontrastschwach ohne das die Bilder aber wie mit einem Weichzeichner aufgenommen wirken. Grund dafür ist der 3-Linser, dessen  optischer Leistung ohne Mehrschichtvergütung Grenzen gesetzt ist. Das eher weiche Objektiv passt gut zu Portrait- und Personenaufnahmen, bei Landschaften und Übersichtsaufnahmen  macht sich die fehlende Kontrastwiedergabe mitunter störend bemerkbar. Was die Bildqualität betrifft gehört die Polaroid 103 heute eher in die Kategorie "Experiment" oder  "Lomographie".
Das Filmmaterial:

U
rsprünglich war die Polaroid 103 für Polaroid Pack Filme vom Typ 75 (Farbe) und Typ 3000 (S/W) sowie möglicherweise auch für Typ 667 und 690 ausgelegt. Die Firma Polaroid produziert keine Sofortbildmaterialien  mehr und sowohl der Pack Film Typ 75 als auch der Typ 3000 sind bestenfalls als (lange abgelaufene) Restposten zu finden. Sieht man sich am Weltmarkt um, dann gibt es nur zwei  Hersteller, die sich mit Instant-Filmtechnologie beschäftigen. Da wäre zuerst 'Impossible' (www.the-impossible-project.com), ein Unternehmen, welches Teile der 2008 stillgelegten  Polaroid-Produktionsanlagen in Enschede (NL) übernommen hat und nun in kleinen Mengen Sofortbildmaterial produziert. Der zweite, wesentlich größere Anbieter, ist Fujifilm mit einer  seit langem unveränderten Produktpalette an verschiedenen Sofortbildfilmen. Im Gegensatz zu den Impossible-Filmen ist Fujifilm-Material relativ einfach zu bekommen, der  8,5x10,5cm-Pack-Film ist eine Art Standardware und zumindest in homöopathischen Dosen in einschlägigen Fachgeschäften zu beziehen.

In Frage kommen der Fujifilm FP-100B (S/W), der FP-100C (Farbe) und der FP-3000B (S/W Highspeed). Mit frischem Sofortbildmaterial gibt es sehr gute und konstante Ergebnisse, kommt  man günstig oder kostenlos zu abgelaufenen Filmen muss man mit Schlieren und Entwicklungsfehlern auf den Bildern rechnen. Die Entwicklungspaste trocknet langsam ein und verändert  ihre Konsistenz. Je nach Fortschritt der Veränderung wird beim Durchlauf durch die Stahlrollen (beim Herausziehen des Bildes aus der Kamera) die Entwicklungspaste nicht gleichmässig  über das Bild verteilt und es kommt zu Schlierenbildung. Zwar kann man durch rasches herausziehen diesen Effekt fast immer mildern, aber nicht ganz unterdrücken. Die von mir  verwendeten FP-100B und FP-3000B Filme sind bereits 2003 und 2006 abgelaufen, sie taugen zwar nicht für ernsthafte Fotografie, sind aber für Experimente gut verwendbar und hatten  den Vorteil nichts gekostet zu haben.
Tipps und Tricks:

Meine Kamera habe ich vor etwa 15 Jahren um damals umgerechnet 2 Euro bei einem Gebrauchtgeräte-Verramscher angeboten bekommen, man hat mir erklärt es gäbe seit Jahren keine Filme  mehr und die Kamera wäre defekt. Ich habe die in gutem Zustand befindliche 103er auf gut Glück gekauft und bin zuerst mit dem Batterieproblem konfrontiert worden. Es handelt sich  dabei um eine etwas seltsame Batterietype, die fast nur in Polaroidkameras verwendet wurde. Sie hat folgende Bezeichnungen:  A24PXBP/532/PX24/V24PX/V24PX/RPX24/A24PX/EPX24/2LR50/1308AP und ist bei TNRBatteries (www.tnrbatteries.com) noch immer zu bekommen.

Wer die lange Wartezeit bei Bestellungen in den USA vermeiden möchte, der kann auch jede Batterie einbauen, die im Batteriefach Platz findet und eine Spannung von 3 Volt abgibt.  Empfehlenswert sind z.B. CR2 und CR123 Lithium Batterien, ich habe eine CR2/3-A Lithium-Type mit Lötanschluss verwendet, die in Spezialgeschäften erhältlich ist. Alle drei genannten  Batterietypen passen übrigens in den originalen Clip im Batteriefach. Noch ein wichtiger Hinweis: Lötarbeiten an Lithiumbatterien sind gefährlich. Die Zellen dürfen keinesfalls  kurzgeschlossen oder zu stark erhitzt werden, denn auch kleine Lithiumbatterien können in Brand geraten und Verletzungen verursachen. Ungeübte sollten den Batterietausch einem  Fachmann überlassen. Die Mutigen sollten wissen, dass der schwarze Draht bei meiner 103er die Minusleitung und der weisse Draht die Plusleitung ist. Die Kamera verbraucht sehr wenig  Strom und die Lithiumbatterie in meiner Polaroid 103 hat nach 15 Jahren noch immer genügend Leistung für den Belichtungsmesser der Kamera.

Ein weiteres Problem bei der von mir erworbenen Polaroid 103 war die CdS-Belichtungsmessung. Bei exakt 3 Volt Versorgungsspannung hat die gemessene Belichtung nicht gestimmt, die  Bilder waren immer zu dunkel. Ob das an den Fujifilm Pack Filmen liegt oder an der Elektronik kann ich nicht sagen, mir fehlen Vergleiche mit Polaroid-Filmmmaterial. Mit ein paar  Testaufnahmen bei konstanter Beleuchtung im Studio habe ich einen einfachen Abgleich über die Belichtungskorrektur vorgenommen und diesen Wert als rote Markierung am Objektiv  angebracht (Bild unten). Damit lässt es sich vortrefflich arbeiten.
Eine stark abgenutzte Scherenmechanik am Objektiv kann sich zum Problemfall entwickeln. Eine verzogene Mechanik erzeugt teilweise unscharfe Bilder (eine Seite scharf, die andere  Seite unscharf). Ein derartiges Problem kann man beseitigen, man sollte nur vorsichtig sein, wenn man an der Scherenmechanik herumbiegt. Platzt eine Niete ist die Mechanik und damit  auch die Kamera hinüber. Gleiches gilt für Arbeiten am Entfernungsmesser, den man am besten in Ruhe lässt. Herumschrauben ohne Kenntnisse ist mit an Sicherheit grenzender  Wahrscheinlichkeit das Ende für den Meßsucher.

Der Balgen der Polaroid 103 ist aus widerstandsfähigem Kunststoff und sehr robust. Lichteinfall sollte nur in seltenen Fällen ein Problem sein und ist bei gut erhaltenen Exemplaren  fast immer auszuschließen. Löcher im Balgen kann man mit Silikon abdichten und mit grauer oder schwarzer Farbe komplett lichtdicht machen.

Blitzaufnahmen sind auch mit der Polaroid 103 möglich. Einen Anschluss für ein Synchronkabel gibt es an der linken Seite am Objektiv. Knapp oberhalb befindet sich eine T-förmige  Öffnung. Da gehört ein Umschaltadapter hinein, den man sich als Eigenbau anfertigen muss. Das Ding betätigt einen Schalter und die Kamera wird auf den Betrieb mit Blitzbirnchen bzw.  mit einem Elektronenblitz umgeschaltet (Verschlusszeit vermutlich 1/30 oder 1/60 Sekunde). Nach Erzählungen hat es zur Polaroid 103 ein originales Blitzgerät gegeben, leider ist mir  die Type nicht bekannt, außerdem gab es auch einen Nahaufnahmeadapter, über den mir leider ebenfalls nichts näheres bekannt ist.
Fazit:

Fotografieren mit einer Polaroidkamera war immer schon ein Erlebnis der anderen Art. Farbtreue, Kontrastverhalten und Schärfe waren kamera-, film- und temperaturabhängig und  da macht auch die Polaroid 103 keine Ausnahme. Künstlerische Fotografie ist sicher die Domäne einer Kamera wie der Polaroid 103. Mit dem eher weichen Objektiv und den teilweise  nicht ganz vorhersehbaren Bildergebnissen sollte man schon auf "Lomographie" eingestellt sein, wenn man die 103er wieder einmal aus der Vitrine nimmt. Gesamt betrachtet ist die  Polaroid eines der empfehlenswertesten Modelle, wenn man sich mit Sofotbildfotografie beschäftigt. Eine robuste Ausführung bedeutet wenig Risiko beim Kauf, ein günstiger Preis und  die (noch) leichte Verfügbarkeit von Filmmaterial sprechen für die Kamera.
Bild oben: Auch fast 7 Jahre abgelaufenes S/W-Filmmaterial ist noch verwendbar, wenn auch mit qualitativen Einschränkungen.


Bild oben rechts:
Die Einstellung 'B&W' (3000 ISO) wird bei der Verwendung des Fujifilm FP-3000B verwendet, beim Einsatz des FP-100B oder FP-100C stellt man den Schieber auf 'COLOR' (100 ISO).


Bild unten rechts:
Klappbarer Meßsucher mit sepraten Fenstern für Entfernungsmesser und Bildausschnitt.


Bild unten:
Fujifilm liefert mit dem FP-100B, dem FP-100C und dem FP-300B nach wie vor drei Typen Sofortbildfilm für die Polaroid 100-Kameraserie.
Bild links: Die PX24 Batterie kann durch jede beliebige 3-Volt-Batterie ersetzt werden, die in das Batterifach passt. In meiner Kamera verwende ich seit 15 Jahren eine CR-2/3A mit Lötfahnen.




Bild rechts:
Die Kameras der Serien 100 bis 400 besitzen einen Anschluss für ein Blitzgerät. Mir sind derzeit folgende Blitzgeräte bekannt: Polaroid Model 268 Flashgun, Polaroid Model 280 Flashgun, Polaroid Focused Flash 490, Honeywell Auto-Strobonar 225 & 227 und Chinon Autoflash S200. Die Serien 100 bis 300 benötigen Blitzgeräte mit M-Synchronisation, wie zum Beispiel die Sylvania M3-Blitzbirnchen im Flashgun 268, während es bei der Serie 400 bereits möglich ist Elektronenblitzergeräte mit X-Synchronisation zu verwenden. Dabei ist zu beachten, dass man entweder ein spezielles Blitzkabel mit dem T-förmigen Schaltstössel verwendet oder sich einen solchen aus einem Stück Kunststoff anfertigt. Nur damit kann man die Kamera auf die Blitzsynchronzeit von vermutlich 1/30 Sekunde umschalten. Bei der Verwendung von Elektronenblitzgeräten an M-Sync-Kameras ist die Blitzleistung um zwei Blendenstufen zu erhöhen.

Die Scharfeinstellung erfolgt entweder über den Meßsucher oder über drei Symbole an der Kamera. Der Schieber ist direkt an der Scherenmechanik befestigt und verlängert bzw. verkürzt je nach Entfernungseinstellung den Balgen.
Der lange abgelaufene Fujifilm FP-3000B liefert bei bedecktem Himmel noch immer eine sehr gute Bildqualität. Vor allem wenn das Motiv, so wie in diesem Fall, nicht zu kontrastreich ist, bekommt man sehr schöne Bilder. Bei dieser Aufnahme sogar ohne alterungsbedingte Schleier oder Fehler.
Ein lange abgelaufener Fujifilm FP-100B mit einem kontrastreichen Motiv. Der CdS-Belichtungsmesser der Kamera tendiert eher zu einer Belichtung auf die Schatten, was bei derartigen Motiven sehr oft dazu führt, dass die Lichter ausreissen. In der linken Bildhälfte sieht man ein paar leichte Schlieren.