Polaroid 250 Sofortbildkamera
Meine ersten Versuche mit der Polaroid 103 und abgelaufenem Fujifilm-Sofortbildmaterial liegen mehr als zwei Jahre zurück. Durch einen glücklichen Zufall habe ich noch ein paar Kartons mit lange abgelaufenen FP100B- und FP300B-Sofortbildfilmen überlassen bekommen und so hat sich mein Vorrat an Instantfilmen so weit vergrößert, daß er für viele Jahre ausreichen wird.

Als problematisch haben sich für mich die immer wieder auftretenden Schlieren und Bildfehler erwiesen, die für Experimente akzeptabel erscheinen, bei ernsthafter Fotografie aber nur stören. Das Projekt diesen Fehlern auf den Grund zu gehen habe ich Monat für Monat vor mir hergeschoben, weil ich kaum Zeit für meine Hobbies habe und weil mir andere Dinge wichtiger waren. Erst als ich relativ günstig zu einer kompletten Polaroid-250-Ausrüstung gekommen bin, habe ich mich aufgerafft und nach den Ursachen für die Schlieren und Bildfehler bei abgelaufenen Instantfilmen gesucht. Meine „Forschungen" auf diesem Gebiet sind noch immer ein Work-in-Progress, also noch nicht ganz abgeschlossen, aber erste Erfolge gibt es schon und die rechtfertigen auch die Empfehlung bei abgelaufenem Sofortbildmaterial tüchtig zuzugreifen, wenn der Preis stimmt.

Eine komplette Dokumentation wie man aus abgelaufenem Sofortbildmaterial fehlerfreie Bilder bekommt kann man hier herunterladen (ca. 9,5MB). Ich werde dieses Dokument bei Bedarf aktualisieren und erweitern, wenn es etwas Neues zu berichten gibt. Erwähnt sollte vielleicht werden, daß sich meine Erfahrungen ausschließlich auf Fujifilm-Instant-Material vom Typ FP100B und FP3000B beschränken, ob sie auf abgelaufenes Filmmaterial von Polaroid übertragbar sind, kann ich nicht garantieren. Abgelaufenes Fujifilm-Material ist in der Regel leichter zu bekommen, als die schon länger nicht mehr produzierten Polaroid-Typen. Über Feedback in dieser Richtung würde ich mich freuen.

Die Polaroid 250 war eine Packfilm-Kamera der zweiten Generation und wurde von 1967 bis 1969 hergestellt. Sie entspricht hinsichtlich der Ausstattung ziemlich genau der auf troeszter.net vorgestellten Polaroid 103, hat aber ein hübsches Metallgehäuse und einen besseren Klapp-Sucher der von Zeiss Ikon produziert wurde. Der Zeiss Ikon Sucher mit Parallaxen-Ausgleich und Mischbild-Entfernungsmesser hat allerdings keinen Einfluß auf die Bildqualität, denn das Objektiv ist und bleibt ein Polaroid-Fabrikat.

Von der Polaroid 250 hat es zwei Ausführungen gegeben, die sich aber nur in Kleinigkeiten unterschieden haben. Bei der ersten Version war auf dem schwarzen Kunststoffschutzdeckel nur der Schriftzug „Polaroid" eingeprägt, bei der zweiten Version war zusätzlich auch die Modellbezeichnung „250" dabei. Eine weitere Kleinigkeit hat den Sucher betroffen, denn dort war das Sucherfenster bei der ersten Version etwas größer als bei der zweiten Variante. Weder die unterschiedliche Beschriftung noch die verschieden großen Sucherfenster sind es meiner Meinung nach wert eine große Unterscheidung zu treffen und einer Variante den Vorzug vor der anderen zu geben.

In Österreich und Deutschland ist die Polaroid 250 eher selten anzutreffen, obwohl sie in den USA eines der öfter verkauften Massenmodelle gewesen ist. Grund dafür dürfte der in Europa hohe Preis gewesen sein. Bei meiner Polaroid 250 war in der Bedienungsanleitung zum Cold-Clip #193 noch die originale Kaufrechnung in der Höhe von ATS 5.550,-- versteckt. Umgerechnet wären das heute (2023) 2.350,00 Euro bzw. doppelt so teuer wie eine Polaroid 103. Eine Menge Geld, die nur Besserverdiener ausgeben konnten, was man übrigens auch auf der Rechnung schön sehen kann. Die Kamera wurde von der Kleinbahn OHG, genauer gesagt von einem der Besitzer dieses Unternehmens, für die genannten ATS 5.550,-- erworben. Die Firma Kleinbahn war zu dieser Zeit der führende österreichische Hersteller von Modelleisenbahnen der Spur H0. Informationen dazu gibt es bei Wikipedia auf https://de.wikipedia.org/wiki/Kleinbahn_(Modelleisenbahn) und selbstverständlich habe auch ich mir als Kind eine Modellbahn dieses Herstellers gewünscht und bekommen. Zur Kamera gab es noch Zubehör in Form einer schwarzen Kunstledertasche, ein Cloud-Filter #516, der Self-Timer #192, der Entwicklungs-Timer #128 und das Blitzgerät #268 für M3 Blitzbirnen samt einem kleinen Vorrat dieser nicht mehr erhältlichen Leuchtmittel.

Das Äußere der Kamera war durchschnittlich gebraucht aber technisch völlig in Ordnung und die verlangten 75 Euro für das gesamte Set waren mir auch nicht zu teuer. Beim aktuellen Hype rund um alte Polaroids wird leider schon für jedes noch so abgerockte Gerät ein Liebhaberpreis verlangt, zum Glück habe ich meine 250er zu einem realistischen Preis bekommen. Angebot und Nachfrage regeln wie überall den Preis, wobei ich mir die Bemerkung erlaube, daß ich bis zu 500 Euro für eine Polaroid-Packfilmkamera vom Modell 180, 190 oder 195 schlicht und einfach für überteuert halte. Auch mit dem besseren Tominon-Objektiv der professionellen Polaroid-Packfilm-Kameras ist die Bildqualität begrenzt. Diese systembedingte Einschränkung könnte auch mit dem besten Objektiv der Welt nicht umgangen werden, denn letztendlich ist auf einem Sofortbild immer nur das drauf, was der (Sofortbild-)Film noch auflösen kann. Wer 500 Euro für die Möglichkeit der manuellen Belichtungseinstellung zahlen kann, der soll bei einem professionellen Polaroid-Modell zuschlagen und zufrieden sein.

Für einige hochwertige Kameramodelle wurden Meßsucher mit automatischem Parallaxenausgleich von Zeiss Ikon verwendet, die hinsichtlich der optischen Qualität das Kameraobjektiv übertroffen haben. Bei der hier gezeigten Polaroid 250 befindet sich der Sucher auch nach über 40 Jahren in einem neuwertigen Zustand.
Obwohl die Belichtungssteuerung automatisch erfolgt, ist es bei der Polaroid 250 erforderlich die Blende an die Lichtverhältnisse anzupassen. Dazu gibt es einen Schieber unterhalb des Objektivs und eine Anzeige auf der Oberseite. Die Lichtempfindlichkeit des Filmmaterials (im Bild ISO 3000) wird über ein Wählrad ebenfalls unterhalb des Objektivs angepaßt.
Ich kann mit der Belichtungsautomatik der „normalen" Polaroids gut leben und das dreilinsige Glasobjektiv paßt qualitativ gut zum Sofortbild-Film. Mit der vollautomatischen Belichtungssteuerung über das Electric-Eye komme ich gut aus. Man kann dieses System wenn erforderlich für die Belichtungskorrektur von Gegenlichtaufnahmen überlisten, wenn man ein Stückchen Neutralgrau-Folie (mit 2 oder 4 Blenden Dichte) vor die Meßzelle hängt. Dann verlängert sich die Belichtungszeit und Gegenlicht wird kompensiert. So mache ich das schon seit Jahren bei meiner Polaroid 103 und so funktioniert das bei der 250 sowie bei allen anderen Modellen mit dem Electric-Eye.

Wie bei meiner Polaroid 103 hat auch der Belichtungsmesser der 250er eine kleine Ungenauigkeit und muß ganz wenig in Richtung „heller" verstellt werden um die Bilder richtig zu belichten. Die Ursache ungenauer Belichtungsmesser bei den Polaroid 100- bis 400-Serien dürfte eine von drei Ursachen haben: Verdächtiger Nummer eins ist ein Präzisionswiderstand, der im Lauf der Zeit altert und dessen Toleranz sich verändert. Die Toleranzänderung bedingt dann eine ungenaue Belichtungsmessung. Eine zweite Möglichkeit ist ein fehlerhafter Abgleich der Belichtungselektronik in der Kamera. Da gibt es ein bzw. zwei Trimmpotentiometer, die ebenfalls für so ein Problem verantwortlich sein könnten. Im Lauf der Jahre kann Korrosion auf den Leiterbahnen den ursprünglichen Abgleich verändert haben. Die dritte These macht eingetrocknete Kondensatoren für den auch als Dark-Print-Syndrome bekannten Effekt verantwortlich. Eine einfache Lösung für dieses Problem gibt es leider nicht, danke aber an dieser Stelle an Herrn Buhl, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, daß das Filmmaterial nicht die Ursache für zu dunkle Bilder ist.

Auch die Batterie kann man als Fehlerquelle für das Dark-Print-Syndrome ausschließen. Die Polaroid 250 benötigt eine Varta 7252 Batterie mit 4,5 Volt, ist aber gegenüber geringeren Spannungen sehr tolerant. Bei meiner Kamera waren noch zwei Batterien mit 4,20 Volt und 4,25 Volt Spannung dabei, die wahrscheinlich auch noch die nächsten Jahre für die Stromversorgung ausreichen werden. Zu Testzwecken habe ich kurzfristig die Kamera mit 3,00 Volt Spannung aus einem Labornetzgerät betrieben und keine Unterschiede zum Betrieb mit 4,5 oder 4,2 Volt Spannung bemerkt. Belichtungsmessung und Verschlußauslösung sind im Bereich zwischen 3,0 und 4,5 Volt konstant.
 
Die Bildqualität der Polaroid 250 liegt über jener der Polaroid 103. Die Bilder sind kontrastreicher und erscheinen schärfer. Das Objektiv der Polaroid 250 ist weniger anfällig für Überstrahlungen und insgesamt kann man dem Objektiv eine ausreichende bis gute Bildqualität bescheinigen. Nachdem Sofortbild immer auch eine temperaturabhängige Angelegenheit ist, hat dieser Faktor noch zusätzlich Einfluß auf das Aussehen der fertigen Bilder. Über- bzw. Unterbelichtung, zu lange oder zu kurze Entwicklung oder Schlieren bzw. Flecken durch abgelaufenes Material machen sich bei der Polaroid 250 wesentlich früher bemerkbar als bei der einfacheren Polaroid 103.

Zubehör Cloud-Filter #516
Zubehör Self-Timer #192
Zubehör Entwicklungs-Timer #128
Fazit: Die Polaroid 250 ist eine brauchbare Packfilm-Kamera mit einem gewissen Freak-Faktor. Eine brauchbare Bildqualität, eine solide Mechanik inklusive Metallgehäuse und ein  haltbarer Balgen, eine standfeste Elektronik (abgesehen vom Dark-Print-Syndrome), ein guter Meßsucher und ein klassisch-zeitloses Design machen die 250er zum empfehlenswerten Standardmodell, wenn man mit Sofortbild etwas mehr als nur Experimente oder Lomographie machen möchte.

Die Rechnung zur Polaroid 250: Die Adresse ohne Postleitzahl und die sechsstellige Wiener Telefonnumer belegen ein Kaufdatum Mitte bis Ende der 1960er-Jahre. Der Aufdruck der Registrierkassa läßt leider nur ein Datum 19. Mai ohne Jahreszahl erkennen. Gekauft wurde diese Kamera sehr wahrscheinlich im Jahr 1968 (2. Version des Modell 250). Photo Herlango gibt es auch schon lange nicht mehr, das Unternehmen schlitterte 1992 oder 1993 in den Konkurs.

Hinweis November 2020: Fujifilm hat die Produktion von Sofortbildmaterial für die Trennbildkameras von Polaroid im Jahr 2016 eingestellt. Ende des Jahres 2020 gibt es mit dem ONE INSTANT des Herstellers SUPERSENSE wieder neues Instant-Filmmaterial für Farbaufnahmen ähnlich dem Fujifilm FP-100C. Die ONE INSTANT Filme sind Manufakturware mit einem entsprechenden Preis aber momentan die einzige Möglichkeit die alten Packfilm-Kameras mit frischem Filmmaterial vernünftig zu nutzen. Genaue Informationen gibt es auf der Homepage von SUPERSENSE.

 

Ergänzung Jänner 2023: Die Kameras der Serien 100 bis 400 besitzen einen Anschluss für ein Blitzgerät. Mir sind derzeit die folgenden Blitzgeräte bekannt: Polaroid Model 268 Flashgun, Polaroid Model 280 Flashgun, Polaroid Focused Flash 490, Honeywell Auto-Strobonar 225 & 227 und Chinon Autoflash S200. Die Serien 100 bis 300 benötigen Blitzgeräte mit M-Synchronisation, wie zum Beispiel die Sylvania M3-Blitzbirnchen im Flashgun 268, während es bei der Serie 400 bereits möglich ist Elektronenblitzergeräte mit X-Synchronisation zu verwenden. Dabei ist zu beachten, dass man entweder ein spezielles Blitzkabel mit dem T-förmigen Schaltstössel verwendet oder sich einen solchen aus einem Stück Kunststoff anfertigt. Nur damit kann man die Kamera auf die Blitzsynchronzeit von vermutlich 1/30 Sekunde umschalten. Bei der Verwendung von Elektronenblitzgeräten an M-Sync-Kameras wie der Polaroid 250 ist die Blitzleistung um zwei Blendenstufen zu erhöhen.

 

 

 

März 2012 / November 2020 / Jänner 2023





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