Nikkormat EL und Micro-Nikkor-P Auto 55mm/3,5
An anderer Stelle habe ich schon geschrieben, dass ich in den
1980er-Jahren mein Geld oft für Fotoausrüstung verpulvert habe. So geschehen
auch irgendwann 1985 oder 1986. Da habe ich bei jenem Händler, der mir das
200mm-Teleobjektiv verkauft hat eine sehr schöne Nikkormat EL samt einem
Micro-Nikkor-P Auto 55mm/3.5 entdeckt. Das Duo sollte 4.000 Schilling (heute
720 Euro) kosten, was recht preiswert war, weil zu dieser Zeit alle "Ritsch-Ratsch"-Nikons nicht hoch im Kurs gestanden sind. Jeder wollte das moderne Ai/AiS-System. Mir war das egal, weil ich das Micro-Nikkor wollte. Und so wurde das Bankkonto näherungsweise komplett geplündert und einige Wochen auf extremer Sparflamme gelebt, nur um dem Fotohändler die viertausend Schilling auf die Theke blättern zu können.
Die Nikkormat EL ist die letzte Nikkormat, sie wurde kurze Zeit als Nikkormat ELW und geringfügigst modifiziert als Nikon EL2 bereits mit Ai-Bajonett verkauft. Sie hat nicht den Nimbus der FT- oder FTN-Nikkormaten. Die Nikkormat EL ist die erste elektronische Nikon und Sie funktioniert nur mit einer 4SR44-Batterie. Deshalb war sie ein Amateurmodell. Auch weil sie keinen Wechselsucher, keine wechselbare Mattscheiben oder schnellen Motorantrieb hatte, war sie angeblich für den Profi nicht geeignet. Lässt man die gerade erwähnten Features weg, kommt man vom Konzept sehr nahe an die Nikon F3. Alles was man braucht, nichts was man nicht braucht: Die Umschreibung für Nikkormat EL. Zur Nikkormat EL ist anzumerken, dass sie die richtige Kamera ist, wenn man per Anhalter durch die Galaxis trampt. Das hält sie locker aus. Wahrscheinlich auch noch einen weiteren Trip. Und wenn man den überstanden hat, dann ist es Zeit sich in eine andere Galaxis aufzumachen. Die Nikkormat EL wird auch das durchhalten, auch wenn sie eigentlich ein Amateurmodell ist. Sie hat alle Gene der mechanischen Nikons und frisches Genmaterial der auf sie folgenden elektronischen Nikons. Meine Nikkormat EL besitze ich ununterbrochen seit 1985 oder 1986 und sie war einige Zeit mein zweites Nikon-Gehäuse mit entsprechend intensiver Nutzung. Bis auf regelmäßige gründliche Reinigungen war keine Wartung fällig. Die Elektronik werkelt wie am ersten Tag, sogar die Lichtdichtungen spielen noch mit, auch wenn sie längst hätten erneuert werden müssen. Was zu bedenken ist: die Nikkormat EL braucht den Blendenmitnehmer am Objektiv, sonst gibt es keine bequem handhabbare Belichtungsmessung. Wer durchgängig Ai/AiS-Objektive verwenden will, sollte zur Nikon EL2 greifen, die schon Ai-tauglich ist.
Das Micro-Nikkor-P Auto 55mm/3.5 ist ein sehr scharf zeichnendes Normalobjektiv mit besonders guter Korrektur im Nahbereich und einer Naheinstellgrenze von 24cm. Mit dem Zwischenring M2
oder PK-13 kann man den Abbildungsmaßstab 1:1 ohne weiteres Zubehör erreichen. Obwohl es ein Makroobjektiv ist, habe ich es nur selten für Nahaufnahmen eingesetzt. Die Brennweite ist für diesen Einsatzbereich nicht ganz optimal und man klebt förmlich am Objekt. Die Ausleuchtung, von Lichtführung will ich da noch gar nicht reden, ist mit dem 55er-Objektiv schwierig. Modernere Makroobjektive mit längerer Brennweite sind da eindeutig im Vorteil. Als Normalobjektiv verwendet, ist das Micro-Nikkor-P aber ein tolles Objektiv und gegen eine schnelle Makroaufnahme unterwegs spricht auch nichts, man hat den Abbildungsmaßstab 1:2 praktischerweise im Objektiv integriert. Den erreicht man ohne Nahlinsen oder Zwischenringe und dazu noch in bester Qualität.
Das mit der NIkkormat EL ursprünglich erworbene
Objektiv habe ich vor Jahren an einen Bekannten verkauft. Er hat mich so
lange genervt, bis ich ihm die Optik günstig abgegeben und den Verkauf wenig
später bereut habe. Erst Ende des Jahres 2017 konnte ich durch Zufall ein
identes Micro-Nikkor 55mm/3.5 erwerben. Das erste Objektiv war eine
non-Ai-Version aus dem Produktionszeitraum 1969 bis 1970, die ich durch das
Abschleifen des Blendenringes auf Ai "umgebaut" habe. Das hat gut
funktioniert und nichts gekostet. Für Sammler zwar ein Albtraum, für den
Anwender eine simple und effektive Lösung. Das Ende 2017 gekaufte Objektiv
ist laut Seriennummer Baujahr 1973 und es wurde von Nikon irgendwann mit dem
Ai-Kit 62 oder 63 auf den Ai-Standard umgerüstet. Inklusive Versand hat es 85 Euro gekostet und ist, auch wenn es nicht mehrschichtvergütet ist, ein Schnäppchen.