Hasselblad XPan-II-System
Eine Seite dieser Homepage beschäftigt sich mit Panoramafotografie in Verbindung mit Standard-Kameras und spezieller Software mit der man mehrere Einzelbilder in Panoramen zusammenhängen kann. Eine Budget-Lösung ohne großen finanzellen Aufwand, mit der durchaus hochwertige Ergebnisse erzielt werden. Ist man auf den Geschmack gekommen, stellt sich vielleicht die Frage nach einer "echten" hochwertigen Panoramakamera. Dann ist vielleicht die Hasselblad XPan die richtige Kamera. Mehr über dieses System lesen Sie hier:

Das Hasselblad X-System  besteht aus dem Kameragehäuse, einem 30mm-, einem 45mm- und einem 90mm-Objektiv. Das System gibt es schon längere Zeit (1998), Hasselblad hat aber recht still und leise Mitte 2003 eine überarbeitete Version unter der Bezeichnung XPan-II auf den Markt gebracht und genau dieses Modell soll diesmal vorgestellt werden.

Wie man sich denken kann ist das Fotografieren mit einer Hasselblad keine wirklich billige Angelegenheit. Mit einem Neupreis von etwa 3000 Euro ist das XPan-II Set bestehend aus dem Kameragehäuse und dem 45mm Standardobjektiv nicht einmal eine Okkasion. Das Teleobjektiv mit Brennweite 90mm kostet rund 1000 Euro und das Weitwinkelobjektiv mit einer Brennweite von 30mm schlägt sich mit einem Preis von jenseits der 3000 Euro recht satt zu Buche. Sollten Sie also mit der Anschaffung dieses Systems liebäugeln und gleich die gesamte Ausrüstung haben wollen, dann müssen Sie sich mit dem Gedanken anfreunden, dass von Ihrem geschlachteten Sparschwein wahrscheinlich nicht mehr viel übrig sein wird. Anders gesagt, Sie könnten sich um das Geld auch ein gutes gebrauchtes Auto kaufen oder eine Weltreise machen. Dafür können Sie aber mit einem Auto nicht fotografieren und wenn Sie das Geld auf einer Weltreise verbraten und Ihre Fotos mit einer Einwegkamera machen, dann ist das wahrscheinlich auch nur das halbe Vergnügen. Am besten wäre, zumindest für mich, die Kombination aus Weltreise plus Hasselblad XPan-II, dafür ist aber zumindest mein Sparschwein nicht fett genug. Wie man es dreht und wendet, man bekommt um viel Geld auch viel Kamera.
Die XPan-II ist die erste Kleinbildkamera im Hasselblad Produktprogramm und bietet neben dem üblichen 24x36 Standard-Kleinbildformat auch ein echtes 24x65mm Panoramaformat. Wie schon erwähnt gibt es dazu drei Objektive die uneingeschränkt im Panoramamodus und im Standardmodus verwendet werden können. Technisch gesehen gibt sich die XPan-II sehr konservativ. Neben einer manuellen Nachführmessung gibt es eine Zeitautomatik mit der Möglichkeit der Belichtungskorrektur. Motivprogramme oder Programmautomatiken fehlen gänzlich, es gibt zwar die Möglichkeit der Belichtungsreihenautomatik sowie Mehrfachbelichtungen und Blitzauslösung wahlweise auf den ersten oder zweiten Verschlussvorhang, womit sich die Attribute an High-Tech auch schon erschöpfen. Die XPan-II zeichnet sich also nicht so sehr durch einen Wust an mehr oder minder notwendigen oder sinnvollen Automatiken aus, sondern durch eine Vielzahl von wohlüberlegten Details. Nicht nur für Amateure, auch für professionelle Anwender ist die DX-Codierung eine praktische Sache und beugt falsch belichteten Filmen vor. Natürlich lässt sich die DX-Funktion abschalten und die Filmempfindlichkeit z.B. fürs Pushen manuell einstellen. Auch beim Filmtransport hat man überlegt und der XPan-II nicht nur einen vollautomatischen, sondern auch einen besonders sicheren Filmtransport spendiert. Legt man den Film ein, wird er komplett aus der Patrone gespult und für die erste Aufnahme positioniert. Nach der Aufnahme wird daher das belichtete Filmstück in die Patrone gezogen. Sollte die Rückwand irrtümlich geöffnet werden, ist nur der noch unbelichtete Teil des Films hinüber, bereits gemachte Aufnahmen befinden sich schon in der lichtdichten Filmpatrone. Dieses System kennt man zwar von einfachen Kompaktkameras, meines Wissens nach wurde es aber noch nie in einer professionellen Kamera eingesetzt. Ein weiteres, für den Besitzer einer eigenen Dunkelkammer angenehmes Detail, ist die Möglichkeit die Kamera so einzustellen, dass nach dem letzten Bild ein kleines Stück Film aus der Patrone ragt. In der Dunkelkammer erspart man sich das Aufbrechen der Filmpatrone bei völliger Dunkelheit.
Das Schöne an der Hasselblad XPan-II ist, dass sie zu jenen selten gewordenen Produkten zählt, die kompromisslos auf Qualität und Langlebigkeit getrimmt sind. Mit dem relativ hohen Anschaffungspreis erkauft man sich solide Mechanik gepaart mit sinnvoller Elektronik. Verpackt ist das ganze in einem Gehäuse aus Titan und Aluminium. Das Gehäuse ist um etwa zwei Zentimeter breiter als eine Leica M-Kamera, dafür etwas niedriger und liegt sehr gut in der Hand. Mit einem Gewicht von knapp über 1000 Gramm ist die Kamera leicht genug für unterwegs aber auch schwer genug um notfalls auch mit 1/15 Sekunde aus der Hand zu fotografieren. Wie man von einer solchen Kamera erwarten darf, ist die Verarbeitung tadellos und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Die beiden LC-Displays an der Rück- bzw. Oberseite der Kameras liefern eindeutige Informationen und sind aufgrund der ausreichenden Größe von Symbolen und Zahlen sehr gut ablesbar. Im Dunkeln sind beide (!!) LC-Displays beleuchtbar. Die LED-Anzeige im Sucher ist in einem angenehmen gelb gehalten und wird in ihrer Helligkeit im Verhältnis zum Umgebungslicht gesteuert. Die Leuchtrahmen sind gut erkennbar und werden in Abhängigkeit von Objektivbrennweite und verwendetem Aufnahmeformat eingespiegelt. Trotz aller Perfektion ein kleiner Kritikpunkt: Der Sucher ist für Brillenträger einen Hauch zu klein ausgefallen.
Auslösung und Filmtransport sind erstklassig. Mit einer Frequenz von 1,2 Bildern pro Sekunde im Standardformat (24x36) und 0,9 Bildern pro Sekunde im Panoramaformat (24x65) ist die Serienbildfunktion ausreichend schnell. Auslösung und Transport sind leise und lassen unbemerktes Fotografieren zu. Ob man eine automatische Scharfeinstellung vermisst oder nicht,  ist Geschmackssache, meiner Ansicht nach ist das Messsuchersystem auch mit dem Mischbildentfernungsmesser für 24x36-Schnappschüsse schnell genug. Der Panoramamodus empfiehlt sich eher für wohldurchdachte Bildkompositionen denn für Schnappschüsse, vor allem sollte man auf eine möglichst waagrechte Ausrichtung der Kamera achten, sonst sehen die Ergebnisse in der Regel nicht gut aus. Erwähnenswert sind auch hier wieder eine Detaillösung: Man kann zu jeder Zeit zwischen Standard- und Panoramamodus wechseln. Der Wechsel geschieht ganz einfach mit einem Wahlschalter rechts neben dem Sucher. Mehr braucht der Benutzer nicht zu tun. Betätigt man diesen Schalter, wird der zum Format passende Leuchtrahmen eingespiegelt und die Kamera beginnt mit vorerst seltsamen Geräuschen auf sich aufmerksam zu machen. Dabei handelt es sich nur um den Filmtransport, der automatisch dafür sorgt, dass der Film richtig positioniert wird. Die Bilder dürfen weder überlappen, noch darf freier Platz zwischen Standard- und Panoramaaufnahmen bleiben. Betrachtet man den entwickelten Film, so sind die Filmstege immer gleich breit, so wie es sich gehört.
Die optische Leistung des XPan-Systems ist, wie könnte es anders sein, vom Feinsten. Hinsichtlich Schärfe, Kontrastverhalten und Farbabstimmung ist zwischen den einzelnen Objektiven kein Unterschied erkennbar. Auch Verzeichnung und Randunschärfen sind bei diesem System kein Thema. Physikalisch bedingt tritt beim 30mm und 45mm Objektiv bei geöffneter Blende ein Lichtabfall zum Rand auf. Störend macht sich die Vignettierung nur bei homogenen Farbflächen bemerkbar (z.B. Himmel, Sand). Beim 30mm Objektiv empfiehlt sich das mitgelieferte Verlauffilter zu verwenden, das 45mm Objektiv braucht nur auf Blende 8 abgeblendet zu werden, dann verschwindet die Vignettierung komplett. Auch hier wieder ein praxisnahes Detail: An alle Objektive passen Schraubfilter. An das 45mm und 90mm Objektiv passen M49 Filter, am 30mm Objektiv können M58 Filter verwendet werden.
Verwendet man Negativfilm in der Hasselblad XPan-II, so braucht man sich hinsichtlich der Genauigkeit der Belichtungsmessung überhaupt keine Gedanken zu machen. Auch bei kritischen Lichtsituationen schafft man auf Anhieb brauchbare Belichtungen. Für alle Anwender, die sich mehr Gedanken um die Belichtungsmessung machen oder die auf Diafilm aufnehmen, empfehlen sich aber Belichtungsreihen, die man auf Basis der Angaben des Kamerabelichtungsmessers machen kann. Dann hat man 100%ig korrekt belichtete Ergebnisse. Die Genauigkeit des TTL-Belichtungsssystems ist sehr hoch, im Vergleich mit meinem Minolta Flashmeter VI gab es kaum Abweichungen, man sollte jedoch berücksichtigen, dass es gerade im Panoramamodus zu Beleuchtungssituationen kommen kann, die für die Elektronik einfach nicht beherrschbar sind.
Da wir schon beim Film gelandet sind, ein Blick auf verwendbares Filmmaterial und Details zur weiteren Verarbeitung. Grundsätzlich können alle herkömmlichen Kleinbildfilme in der Hasselblad XPan-II ohne Einschränkung verwendet werden. Welches Format auf den Film belichtet wird ist für die Entwicklung unerheblich. Man kann also in jedem C41-Negativ-, E6-Dia-Entwicklung oder jeden schwarz/weiß-Prozess entwickeln. Nach der Entwicklung wird die Sache etwas schwieriger: Man sollte die Filme nicht schneiden lassen, weil Entwicklungsmaschinen mit automatischem Cutter ganz sicher nicht auf das Panoramaformat oder die Mischung aus Panorama und Standard ausgelegt sind. Ausnahme ist da ein Fachlabor, weil dort üblicherweise von Hand  geschnitten wird (vorher fragen erspart aber auch hier unliebsame Überraschungen!). Verfügt man über keine eigene Dunkelkammer, so beschränkt sich die Anfertigung von Prints ebenfalls auf das Fachlabor. Ich habe kurz im Raum Wien recherchiert und keinen (Amateur-)Fotofinisher gefunden, der sofort in der Lage gewesen wäre Bilder vom 24x65 Panoramanegativ anzufertigen. In der eigenen Dunkelkammer ist ein Vergrößerungsgerät für das Format 6x7 erforderlich, einem Vergrößerer mit Maximalformat 6x9 ist aber wegen der besseren Ausleuchtung und des größeren Bildkreises der 6x9 Vergrößerungsobjektive der Vorzug zu geben. Als Farbprozess kann man sehr gut Ilfochrome Classic einsetzen, von schwarz/weiß Negativen eignet sich zum Beispiel Barytpapier wenn die Prints besonders edel werden sollen. Das Hasselblad XPan-System verlangt geradezu nach klassischer Verarbeitung und da man mit einer solchen Kamera wohl kaum Reportagefotografie im Panoramaformat betreiben wird, ist der Gang in die Dunkelkammer mehr als gerechtfertigt.

Ist man stolzer Besitzer eines qualitativ hochwertigen Fotodruckers, steht der Weiterverarbeitung auf elektronischem Wege ebenfalls kaum etwas im Wege. Negative oder Dias aus der XPan können gescannt, weiterbearbeitet und gedruckt werden. Es gibt keine Unterschiede zu anderen Kleinbildsystemen, lediglich der Scanvorgang kann sich als problematisch erweisen weil auch hier das Panoramaformat spezielle Anforderungen stellt. Kurz gesagt: Ein Flachbettscanner mit Durchlichteinheit für Mittelformat und einer optischen Auflösung von 3200x6400 ist der passende Problemlöser. Ich habe mit einem Canoscan 8400F für runde 300 Euro getestet und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Wer mehr für einen Scanner ausgeben will, der kann sich natürlich auch einen Mittelformat-Filmscanner zulegen, man muss jedoch bereit sein Preise von mehr als 2000 Euro für ein derartiges Gerät auszugeben.
Fazit:

Die Hasselblad-XPan-II ist mit den drei Objektiven ein in sich geschlossenes System für Anwender, die neben einem extrem hohen Qualitätsanspruch auch reichlich finanzielle Mittel in ihr Hobby fließen lassen können. Die Bildqualität ist über jeden Zweifel erhaben, stellt mit Sicherheit jeden Profi zufrieden und gehört zum Feinsten im Bereich Kleinbild. Die drei Objektive eignen sich gleich gut für das Standardformat 24x36 wie auch für das Panoramaformat 24x65, die perfekte Verarbeitung und durchdachte Details ergeben bis auf das etwas zu kleine Sucherokular eine perfekte Kamera.
Plus:

- Bildqualität vom Feinsten
- Hochwertiges und langlebiges System
- Zwei Bildformate in einer Kamera
- Problemlose Formatumschaltung
- Kompakt und gut tragbar


Minus:

- Sucher für Brillenträger etwas zu klein
- 45mm-Objektiv wird ohne Center-Filter geliefert
Februar 2005
 
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Der Aufstecksucher gehört zum 30mm-Objektiv. Mit ihm wird der Bildausschnitt festgelegt, die Scharfeinstellung erfolgt auch bei diesem Objektiv durch den Kamerasucher.
Die Bedienung der XPan-II ist klassisch und beschränkt sich auf drei Bedienungselemente an der Kameraoberseite und das LC-Display an der Kamerarückseite. Obwohl man mit der Kamera vom Fleck weg gut umgehen kann, sollte man die Bedienungsanleitung aber trotzdem lesen, sie hilft einem die Kamera wirklich auszureizen.
Obwohl das XPan-System sehr konservativ ausgelegt ist, wird nicht auf moderne Technik und sinnvolle Details verzichtet. Das LC-Display an der Kamerarückseite zeichnet sich nicht nur durch große Symbole und Zeichen aus, es ist auf Tastendruck auch beleuchtbar. Die Verstellung einzelner Parameter erfolgt über die Mode- und die „auf" -und „ab" -Tasten.
Trotz extrem hoher Bildqualität ist das Hasselblad XPan-System mit dem Platzbedarf recht knausrig. Die komplette Ausrüstung samt Gegenlichtblenden, 30mm-Sucher, Ersatzbatterien und Filmen passt in eine Loewe-Pro Nova 1AW mit Innenabmessungen von ca. 19x17x10cm. Das Gewicht von knapp unter 2.000 Gramm für die gesamte Ausrüstung ist z.B. auch auf längeren Wandertouren tragbar.
Physikalisch bedingt haben sowohl das 45mm- als auch das 30mm-Objektiv bei offener Blende einen Lichtabfall zu Rand. Mit einem Center-Filter, leider nur beim 30mm Objektiv im Lieferumfang enthalten, kann man der Vignettierung entgegenwirken.

Auf den ersten Blick wirkt die Formatumschaltung sehr einfach. Es werden lediglich zwei Masken hinter dem Verschluss bewegt um vom Standard- auf das Panoramaformat und umgekehrt zu wechseln. Kompliziert wird’s allerdings, wenn´s um  den Filmtransport geht. Die XPan-II positioniert den Film automatisch so, dass die Stege zwischen den Bildern immer gleich breit sind. Überlappungen oder teilweise unbelichtete Flächen gibt’s bei der XPan-II nicht.

Projektion von 24x65mm Panoramadias